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Im Mitropa-Wagen über blühender Landschaft

Im Mitropa-Wagen über blühender Landschaft

Von Irmela Hennig

Löbaus Eisenbahnfreunde hoffen – ihr Mitropa-Wagen könnte bald wieder rollen. Die ersten Fahrten enden 2012 auf dem Viadukt über der Landesgartenschau.

Die Kühlschränke sind leer, die Herdplatten bleiben kalt, die Regale mit den Schiebetüren sind blitzblank und ausgeräumt. Und die Zeiten, in denen Alfred Simm, Chef der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde in Löbau, in der Küche des Mitropa-Speisewagens von 1984 höchstselbst Schnitzel auf der Anrichte gekloppt hat, sind vorbei.

Der Traum vom Schnitzel auf der Schiene ist vorerst ausgeträumt, bedauert Alfred Simm, der Eisenbahner mit Leib und Seele. Viele Jahre lang war der Mitropa-Wagen mit dem gelben Schriftzug auf rotlackiertem Blech der Besuchermagnet. Immer zuerst ausgebucht, wenn die Eisenbahnfreunde ihre Sonderfahrten ankündigten. Doch seit zwei Jahren hat der Wagen keinen TÜV mehr, darf nicht mehr auf die Schiene. Der Liebling der Gäste mit seinen 40 Klappsitzen steht auf dem Abstellgleis. „Wir haben uns noch eine Weile mit Wagen von anderen Eisenbahnfreunden beholfen, aber die brauchen ihre Fahrzeuge jetzt selbst“, bedauert Simm.

Nun will der Verein für den Mitropa-Wagen, der noch nach der Wende zwischen dem italienischen Verona und dem schwedischen Malmö fuhr, wieder eine Streckenzulassung. Denn es gibt große Pläne: Im kommenden Jahr soll der Wagen, wenn der DB-Fahrplan es zulässt, auf den Viadukt überm Landesgartenschau-Gelände fahren. Dort Halt machen, den Gästen eine ganz besondere Aussicht bieten und ein Drei-Gänge-Menü. Vielleicht mit vom Chef persönlich gekloppten Schnitzeln.

110000 Euro brauchen die Eisenbahnfreunde, um den tonnenschweren Wagen wieder auf die Strecke zu bringen. So viel Geld kann der Verein mit seinen 125 Mitgliedern nicht aufbringen. Doch seit kurzem hat Alfred Simm wieder Hoffnung auf die Rückkehr des Speisewagens. Die hat den konkreten Namen „Ziel 3“. Das ist ein Förderprogramm der EU, das Projekte zwischen Sachsen und Polen oder Sachsen und Tschechien unterstützt. Zusammen mit Eisenbahnfreunden vom polnischen Bahnwerk Wolsztyn (Wollstein) südlich von Poznan (Posen) haben sie über zwei Millionen Euro beantragt. 720000 Euro sollen die Eisenbahnfreunde bekommen – um eine Dampflok wieder streckentauglich zu machen, für einige weitere Fahrzeuge und natürlich für den Speisewagen. Der braucht neue Fensterscheiben und Fußböden, am Blech rostet es gewaltig. Auch Drehgestelle, Radsätze und Achsen unterm Wagen müssen ersetzt werden.


Der Mitropa-Speisewagen der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde in Löbau braucht schon lange einen neuen TÜV – dafür ist viel Geld nötig. 40 Gäste haben auf den Klappsitzen im Wagen Platz.
Alfred Simm drückt alle Daumen dafür, dass der Wagen im ersten Halbjahr 2012 startklar wird. Doch ob das so funktioniert? Bei der Sächsischen Aufbaubank liegen 37 offene Anträge auf Förderung vor – allein für deutsch-polnische Vorhaben. Und die nächste Beratung, bei der das Ansinnen der Löbauer auf den Tisch kommt, ist im November. Gibt es dann ein Ja, muss alles ganz schnell gehen. Darum haben die Eisenbahnfreunde einiges am Mitropa-Wagen schon selbst in Ordnung gebracht.

Auch über die Gartenschau erhofft sich Alfred Simm viel vom wiederbelebten Speisewagen. Der Verkauf von Würstchen, Kaffee und Co, der zuletzt auf Touren der Eisenbahner zurückgegangen war, eben weil der Wagen fehlte, könnte neu aufleben. Außerdem würde er mit der Mitropa gern an der Weltmeisterschaft der Speisewagen im ungarischen Budapest teilnehmen. Dabei werden regionale Speisen um die Wette gekocht – und die Lausitzer könnten mit Teichelmauke und Quarkkeulchen auftrumpfen. Darüber hinaus möchte der Vereinschef gern öfter nach Polen fahren – als östlicher Vorreiter aller sächsischen Eisenbahnen, zum Beispiel zum Weinfest nach Zielona Góra (Grünberg). Passt ja wie die Faust aufs Auge zum Speisewagen.

Quelle: Sächsische Zeitung; Mittwoch, 1. Juni 2011
Fotos: Mario Heinke